Versicherungsschutz bei Workations: Ein Vergleich der Unfallversicherung in der Schweiz und in Deutschland
Die Aufnahme einer Arbeitstätigkeit bringt eine neue Ebene der Komplexität mit sich, insbesondere in Bezug auf den Versicherungsschutz. Sich in Versicherungsgesetzen zurechtzufinden, die ursprünglich nicht für die Kombination von Arbeit und Urlaub konzipiert wurden, kann verwirrend sein, insbesondere in grenzüberschreitenden Szenarien. Dieser Artikel vergleicht die Regelungen in der Schweiz und in Deutschland und hebt die Hauptunterschiede in der Art und Weise hervor, wie jedes Land Berufs- und Nichtberufsunfälle während einer Workation abdeckt. Während die Schweiz einen umfassenderen Schutz bietet, der auch Nichtberufsunfälle einschließt, ist die gesetzliche Versicherung in Deutschland restriktiver und deckt nur Berufsunfälle ab. Diese Analyse bietet sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern wichtige Informationen, um einen angemessenen Versicherungsschutz zu gewährleisten und rechtliche Überraschungen bei der Arbeit im Ausland zu vermeiden.
Die moderne Arbeitswelt kennt keine Grenzen mehr – nicht nur im übertragenen Sinne. Die Kombination von Arbeit und Urlaub, bekannt als Workation, erfreut sich wachsender Beliebtheit. Doch wie sieht es mit dem Versicherungsschutz aus, wenn während einer Workation Unfälle passieren? Ein Vergleich zwischen den Regelungen in der Schweiz und Deutschland offenbart wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die für Arbeitnehmer und Arbeitgeber von Bedeutung sind.
Versicherungsschutz in der Schweiz
In der Schweiz sind Arbeitnehmer umfassend gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten versichert. Diese Versicherung greift auch bei Nichtberufsunfällen, sofern der Arbeitnehmer mindestens acht Stunden pro Woche arbeitet. Das gilt ebenso für Arbeitnehmer im Homeoffice sowie bei Geschäfts- oder Dienstreisen.
Gemäss Artikel 2 Absatz 1 des Unfallversicherungsgesetzes (UVG) umfasst der Versicherungsschutz auch vorübergehende Auslandsaufenthalte, solange diese zeitlich begrenzt sind. Damit sind grundsätzlich auch grenzüberschreitende Workations abgedeckt. Aber was gilt als Berufs- und Nichtberufsunfall?
Berufsunfälle sind Unfälle, die dem Arbeitnehmer entweder bei Arbeiten zustossen, die er auf Anordnung des Arbeitgebers oder in dessen Interesse ausübt oder als Unfälle, die ihm während einer Arbeitspause, sowie vor oder nach der Arbeit widerfahren, wenn er sich noch auf der Arbeitsstätte oder im Bereich, der mit seiner beruflichen Tätigkeit zusammen-
hängenden Gefahren aufhält. Nichtberufsunfälle hingegen gelten als alle anderen Unfälle, die nicht zu den Berufsunfällen zählen, wobei Arbeitswegunfälle in der Regel auch als Nichtberufsunfälle gelten.
Die Flexibilität von Workations führt oft zu einer Vermischung von Beruflichem und Privatem, was es schwierig macht, den “Gefahrenbereich” oder die “Arbeitsstätte” klar zu definieren. Zudem wird durch die grössere räumliche und zeitliche Distanz zum Arbeitgeber im Vergleich zum Homeoffice die direkte Weisungsbefugnis zusätzlich eingeschränkt. Dennoch können auch bei einer Workation Berufsunfälle auftreten, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Tätigkeit das Eigeninteresse des Arbeitnehmers überwiegt. Bei Unfällen während Arbeitspausen, etwa beim Surfen oder Sonnenbaden, bleibt jedoch oft unklar, ob sie als Berufs- oder Nichtberufsunfälle gelten.
Falls während einer Workation ein Unfall passiert, übernimmt die Unfallversicherung die Kosten und den Lohnausfall, während der Arbeitgeber nur für Schäden haftet, die nicht durch die Versicherung abgedeckt sind. Teilzeitarbeitnehmer, die weniger als acht Stunden pro Woche arbeiten, sind jedoch nur gegen Berufsunfälle geschützt, was bei einer Workation zu Problemen führen kann, falls es sich um einen Nichtberufsunfall handelt. Arbeitgeber sollten solche Arbeitnehmer auf mögliche Versicherungslücken hinweisen.
Versicherungsschutz in Deutschland
In Deutschland ist der gesetzliche Unfallversicherungsschutz auf Betriebsunfälle und Berufskrankheiten beschränkt (Art. 8 SGB VII). Nichtberufsunfälle, also solche, die ausserhalb des Arbeitskontextes geschehen, sind nicht abgedeckt. Dies wird besonders bei Workations relevant, bei denen die private Komponente oft mit der beruflichen Tätigkeit vermischt ist.
Die Definition von Arbeitsunfällen in Deutschland ist breiter gefasst als in der Schweiz. Neben Unfällen am Arbeitsplatz oder während der Arbeitstätigkeit sind auch Unfälle in Zusammenhang mit versicherten Tätigkeiten erfasst (Art. 8 Abs. 2 SGB VII). Wichtig sind hier der örtliche und zeitliche Zusammenhang sowie die sogenannte Handlungstendenz, die den Nutzen der Tätigkeit für das Unternehmen berücksichtigt und darüber entscheidet, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt.
Bei Workations bleibt der gesetzliche Unfallversicherungsschutz bestehen, wenn die Voraussetzungen einer Entsendung erfüllt sind (Art. 4 SGB VII). Arbeitgeber haften jedoch nur bei Vorliegen eines bedingten Verletzungsvorsatzes (dolus eventualis) für nicht durch die Unfallversicherung gedeckte Schäden (Art. 104 SGB VII). Diese Einschränkung macht es schwieriger, dem Arbeitgeber im Falle eines Unfalls während einer Workation Mitschuld nachzuweisen.
Fazit
Die Unfallversicherungssysteme in der Schweiz und Deutschland unterscheiden sich erheblich. Während die Schweiz einen umfassenderen Schutz bietet, insbesondere für Nichtberufsunfälle, ist in Deutschland der Schutz auf Betriebsunfälle beschränkt und die Haftung des Arbeitgebers stärker eingeschränkt. Für Arbeitnehmer, die international tätig sind oder eine Workation planen, ist es daher ratsam, sich genau über die jeweiligen Bedingungen der abgeschlossenen Versicherung zu informieren und gegebenenfalls zusätzliche abzuschliessen. Nur so kann sichergestellt werden, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer gut abgesichert sind und unerwartete Überraschungen vermieden werden.